Martin Schürz: Menschenwürde und Überreichtum
Martin Schürz ist nicht nur Ökonom, sondern auch Psychoanalytiker. Sein Vortrag zu „Menschenwürde und Überreichtum“ war ein höchst spannender Auftakt für den 11. Jahrgang der WIPOL Steiermark.
Über enorme Ungleichheiten in der Vermögensverteilung in Österreich und darüber hinaus ging es im WIPOL-Vortrag “Menschenwürde und Überreichtum” von Nationalbank-Ökonom und Psychoanalytiker Martin Schürz.
Überreichtum ist ungerecht, unmoralisch und verhindert für große Teile der Gesellschaft ein menschenwürdiges Leben. Diese These vertritt der Ökonom und Psychoanalytiker Martin Schürz, der zu den renommiertesten Experten im Bereich der Vermögensverteilung in Österreich zählt. Seit Jahren beschäftigt er sich im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Österreichischen Nationalbank mit Vermögensungleichheit und ihren Folgen. Besonders hob er den Unterschied zwischen Einkommen und Vermögen in seinen Ausführungen hervor: während bei Ersterem durchaus noch mit Unterschieden im Bereich Leistung oder Qualifikation argumentiert werden kann, ist dies bei Vermögen kaum mehr möglich.
Grundsätzliche Befragungen ergeben laut dem Ökonomen Schürz, dass sich Menschen in Österreich eine eher egalitäre Verteilung des Vermögens wünschen, wenn es aber um konkrete Maßnahmen geht, werde ihre Haltung sehr schnell ablehnend. Martin Schürz führt dazu aus, dass die klare Ablehnung zu einer Erbschaftssteuer in Österreich in vermögenden wie auch in ärmeren Bevölkerungsschichten ungefähr gleich groß ist. Zusätzlich würden Neoliberale Debatten über Vermögensverteilung allzu schnell als Neiddebatten abwerten.
Ist die derzeitige Vermögensverteilung menschenunwürdig?
Die Veranstaltung mit Martin Schürz war nicht nur Vortrag, sondern auch eine durchaus leidenschaftliche Diskussion mit unserem 11. Jahrgang.
Bezugnehmend auf unsere heuriges Jahresthema, „Wie sieht ein menschenwürdiges Leben 2030 aus?“, meint Schürz, dass die derzeitige Vermögenssituation insbesondere für ärmere Bevölkerungsteile menschenunwürdig ist. Diese müssten vor den Behörden exakte Auskünfte über ihre finanzielle Situation abgeben und oftmals ist der Bezug von Sozialleistungen mit einer noch stärkeren Abgrenzung zu anderen Bevölkerungsschichten verbunden. Demgegenüber können Unternehmen viel einfacher Zuschüsse, Subventionen oder Förderungen beziehen, meint Schürz. Des Weiteren sei es Unternehmern im Vergleich zu Menschen in unselbstständigen Beschäftigungsverhältnissen unvergleichlich leichter, steuerliche Vorteile und Grauzonen für ihre Zwecke auszunützen.
Zur Bildung legt Martin Schürz dar, dass diese bis heute vererbt werde und dass einige wenige Kinder, die den Aufstieg schaffen, als Musterbeispiele für Chancengleichheit herangezogen werden. Auf mögliche Lösungsansätze angesprochen, konstatiert Schürz, dass er derzeit weder in der Bevölkerung noch in der Politik einen Willen zu drastischen Veränderungen feststellen kann, auch wenn diese dringend notwendig wären. Denn egal ob Wirtschaftskrise oder Pandemie, eines gilt immer: Reiche bleiben reich, Arme arm.