Alternativen zum Kapitalismus – Degrowth als Lösung?
Am 14. November 2024 ging die Diskussionsreihe ‚Alternativen zum Kapitalismus‘ in die zweite Ausgabe. Gemeinsam mit der Pluralen Ökonomik Graz nahmen wir diesmal Degrowth in den Fokus. Kann der Verzicht auf Wirtschaftswachstum zur Lösung unserer ökologischen und sozialen Probleme beitragen? Nach einem einleitenden Vortrag von Karl Reimer diskutierten wir abwechselnd in Kleingruppen und einer Fish-Bowl-Diskussion unter der Moderation von Lilli Frei: Liegt das Streben nach Mehr in der Natur des Menschen? Lässt sich Suffizienz als Grundwert etablieren? Wer darf wachsen, wer muss schrumpfen? Und: Welche geopolitischen Folgen hätte Degrowth, etwa für die EU?
Was ist Degrowth und wie soll es funktionieren?
Degrowth, oder Postwachstumsökonomie, stellt das Konzept des unendlichen Wirtschaftswachstums infrage. Die Bewegung argumentiert, dass Wohlstand auch ohne ständiges Wachstum möglich ist und dass unsere Gesellschaft lernen muss, „gut genug“ statt „immer mehr“ anzustreben. Zentral dabei ist die Idee der Suffizienz: Ein bewusster Verzicht auf übermäßigen Konsum und Ressourcenverbrauch könnte nicht nur die Umwelt entlasten, sondern auch mehr soziale Gerechtigkeit schaffen.
Degrowth fordert eine Umverteilung von Wohlstand und eine Neupriorisierung gesellschaftlicher Werte, weg von reinem Wirtschaftswachstum hin zu Lebensqualität und Nachhaltigkeit. Auch der Fokus auf lokale Wirtschaftskreisläufe und gemeinschaftliche Strukturen wird als Schlüssel für eine zukunftsfähige Gesellschaft gesehen .
Die Kritik: Ist Degrowth realistisch?
Degrowth häufig als „Politik des Verzichts“ wahrgenommen. Kritiker*innen argumentieren, dass Verzicht gesellschaftlich schwer durchsetzbar ist, insbesondere in Wohlstandsgesellschaften, in denen Konsum und Wachstum tief verwurzelt sind. Denn Degrowth steht im Widerspruch zu den Grundmechanismen des Kapitalismus, der ohne Wachstum nicht bestehen kann. Wirtschaftsexpert*innen warnen vor möglichen Folgen: Ohne Wachstum könnten Arbeitsplätze verloren gehen, und die politische Stabilität könnte gefährdet sein.
Ein weiterer Kritikpunkt ist der potenzielle Verlust geopolitischer Macht. Wenn beispielsweise die EU Degrowth-Strategien verfolgt, könnten andere Regionen, die weiterhin auf Wachstum setzen, einen ökononomischen, militärischen und damit auch machtpolitischen Vorteil erlangen.
Schließlich wird Degrowth oft als utopisch angesehen. Wie kann Degrowth auf globaler Ebene umgesetzt werden? Und wie geht man sicher, dass dabei nicht bestehende Ungleichheiten zwischen dem globalen Norden und Süden verschärft werden?
Wie ist die Diskussion verblieben? Ein Resümee
Auch während dieser Diskussionsrunde haben wir die Hauptargumente gesammelt und die Teilnehmer*innen abstimmen lassen. Das waren die Ergebnisse:
Die Diskussion hat verdeutlicht: Einige Ziele von Degrowth, wie etwa die Etablierung von mehr gemeinschaftlichen Strukturen können bereits jetzt auf lokaler Ebene umgesetzt werden. Auf der globalen Ebene sehen die Teilnehmer*innen eine Umsetzung von Degrowth in der kurzen Frist unwahrscheinlich. Eine Antwort ist klar: Alternativen wie Degrowth laden uns ein, unser Verhältnis zu Wachstum, Konsum und Wohlstand grundlegend zu überdenken.